Gräserpollen werden wieder weniger – auch Götterbaum und Linde geht bald die Puste aus
Mittlerweile legt sich der Sommer ordentlich ins Zeug und bringt ständige neue Wärme ins Land, so auch in der letzten Woche. Dazu blieb es bei oft nur bescheidenen Niederschlägen, die vorwiegend die Nordhälfte und den Südosten betrafen. Alles in allem war den Pollen mit dem Wetter gut gedient. Dies dürften vor allem die Gräserpollenallergiker gespürt haben, die es in den meisten Landesteilen mit teils durchgehend hohen Belastungen zu tun hatten. Der Gipfel der diesjährigen Gräserpollensaison wurde damit im Landesdurchschnitt endgültig überschritten. „Gut zu Fuß“ waren neben den Gräserpollen auch die Pollen der Brennnesselgewächse, die abseits der Küsten und der Berge immer häufiger mit hohen Konzentrationen aufwarteten – der saisonale Gipfel liegt hier allerdings noch vor uns. Die späte Baumblüte von Götterbaum, Esskastanie und Linde erreichte oder überschritt vielerorts ihren Höhepunkt. Diese drei Sommerblüher sind zwar keine heftigen Pollenschleudern wie Erle oder Birke, können aber zumindest lokal hohe Pollenkonzentrationen hervorgerufen haben. Gemessen wurden an unseren Messstellen je nach Örtlichkeit geringe bis durchgehend mittlere Pollenkonzentrationen. Ampfer und Wegerich warteten ebenfalls mit geringen bis mittleren Pollenzahlen auf, vereinzelt wurden sogar hohe Werte gemessen. Einzelne „frisch gebackene“ Pollen zahlreicher weiterer krautiger Pflanzen wurden regelmäßig erfasst, namentlich Pollen der Gänsefußgewächse, des Beifußes, der Büschelblume, des Rohrkolbens oder der Dolden-, Hahnenfuß-, Korbblüten- oder Rötegewächse. Der Holunder steuerte vor allem im Nordosten und in den bergigen Regionen noch etwas Pollen bei. In den Bergen, speziell in den Alpen, waren zudem reichlich hausgemachte Kiefernpollen und etwas Erlenpollen unterwegs. Ein Teil dieser Pollen erreichte auch da umliegende Tiefland. Bei den Sporen überschritt vor allem Cladosporium hin und wieder die Sporentyp-spezifische Warnschwelle, bei Alternaria wurde die Warnschwelle am 18. Juni erstmals in dieser Saison an zwei Messstationen überschritten. Danach wurde es allerdings wieder ruhiger. Epicoccum-Sporen flogen meist schwach bis mäßig, gegenüber der Vorwoche konnte kein nennenswerter Zuwachs festgestellt werden.
Weitere kurze, aber knackige Hitzewellen stehen uns in den kommenden Tagen ins Haus. Dabei ziehen vor allem am morgigen Donnerstag zahlreiche Schauer und Gewitter von West nach Ost durchs Land und sorgen für kurzeitige Pollenflugberuhigung. Spätestens zum Wochenende und bis in die neue Woche hinein dominiert wieder trockenes Sommerwetter, womit die Pollen und zunehmend auch die Sporen die Lizenz zum Fliegen bekommen.
Die Gräser (Poaceae) können nach einer regenbedingten „Pollenkonzentrationsschwäche“ am Donnerstag und Freitag (26. und 27. Juni) in den Folgetagen noch einmal mit weithin hohen Pollenbelastungen zurückkehren. Die zugrundeliegenden Pollenkonzentrationen nehmen allerdings in der Tendenz allmählich ab, speziell in den heißen Regionen des Südens und Westens und innerhalb größerer Städte, wo es dann selbst bei Sonnenschein nicht mehr beständig auf ein hohes Belastungslevel geht. In den Hochlagen der Berge (oberhalb 1.500 m NN) ist hingegen aufgrund des verzögerten Blühbeginns der dortigen Gräser örtlich mit steigenden Pollenkonzentrationen zu rechnen.
Der Pollenflug der Brennnesselgewächse (Urticaceae) gewinnt insgesamt weiter an Format. Nach Durchzug anfänglichen Regenfälle steigen die Pollenkonzentrationen vor allem in den Tieflagen auf schon recht verbreitet hohe Werte. An den Küsten und in den höheren Berglagen ist es eher der mäßige Pollenflug. Neben den namensgebenden Brennnesselpollen (Urtica) verdingen sich besonders in den Wärmeinseln größerer Städte auch die mediterranen Glaskräuter (Parietaria). Dort kann sich zwischen den zahlreichen Brennnesselpollen auch einiges an Glaskrautpollen in der Luft befinden. Pollen der Glaskräuter gelten in mediterranen Gegenden als wichtiges Allergen und könnten auch hierzulande bei fortschreitender Klimaerwärmung als Allergietreiber an Bedeutung gewinnen.
Aus bescheidenen Verhältnissen kommen Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago), die mit meist nur mit geringen bis mittleren Pollenkonzentrationen aufwarten. Diese erreichen zwar aktuell häufig die höchsten Werte der Saison – von einem wirklichen saisonalen Peak kann man jedoch nicht sprechen. Vor allem der Wegerich kann bei einigen Menschen merkliche Allergiesymptome hervorrufen – dann Obacht vor verkrauteten Wiesen und deren Umgebung.
Holunderpollen (Sambucus) verschwinden in den Tieflagen in der Versenkung und spielen keine Rolle mehr in der Luft. Hin und wieder ist sicherlich mal ein Pollenkorn in der Luft, vor allem im kühlen Nordosten, ansonsten nur noch in den höheren Berglagen – dort auch regelmäßiger in geringer bis mittlerer Konzentration.
Baumpollen kommen langsam (wieder) aus der Mode. Die Linden- (Tilia) und Götterbaumblüte (Ailanthus) hat vielerorts, vor allem im wärmeren Südwesten und in überhitzten Innenstädten, ihren Zenit hinter sich und der Pollenflug ebbt langsam ab. In ländlichen Gebieten des Nordens und Ostens dürfte allerdings vor allem die Linde für einige weitere Tage (sehr) aktiv bleiben und bis zum Ende der aktuellen Vorhersageperiode schwachen bis mäßigen Pollenflug verursachen, punktuell um blühende Bäume herum auch starken Pollenflug. Ansonsten vereinzelt der Lindenpollenflug von Südwesten her allmählich. Die Esskastanie (Castanea) liefert auf vielerorts gleichbleibendem Niveau Pollen. Esskastanien sind jedoch in Deutschland nur im Südwesten heimisch, ansonsten hier und da angepflanzt. Daher ist der Pollenflug in den nächsten Tagen meistens schwach und selten bzw. räumlich eng begrenzt mäßig bis stark. Linden- und Götterbaumpollen gelten als potenzielle Allergieauslöser mit geringer Reichweite, Pollen der Esskastanie betreffen am ehesten Birkenpollenallergiker über Kreuzreaktionen.
Die Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae/Amaranthaceae) haben in den Tieflagen bereits zu blühen begonnen und nehmen sich dieser Aufgabe auch in den kommenden Tagen an, so dass sich der Pollenflug langsam verstetigt. Bevorzugt auf trockenwarmen Brachen auf dem Land oder in der Stadt können Pollen dieser Familie regelmäßig in geringer, mitunter auch höherer Zahl fliegen. Auch erste Beifußpflanzen (Artemisia) blühen und bringen Pollen in die Luft. Vereinzelt entstehen somit punktuelle Belastungen. In der Fläche herrscht aber vorerst noch weitestgehend „Funkstille“.
Pollenarten, die weiterhin oder erstmals in kleiner Zahl messbar sein können, gehören zu Hanf – Hanfgewächsen(Cannabaceae), Löwenzahn (Taraxacum – Cichorioideae), Binsen- (Juncaceae) und Rosengewächsen (Rosaceae), Sauergräsern (Cyperaceae) und Zypressengewächsen (Cupressaceae). Kiefernpollen (Pinus) bringt aktuell vor allem noch die Latschenkiefer (P. mugo) in den Hochlagen der Berge in die Luft. Dabei sind in den Latschenkiefernregionen auch hohe Pollenkonzentrationen möglich, ansonsten verdünnen sich der Pollenkonzentrationen mit zunehmendem Abstand zu den Pollenquellen. Vereinzelt blühen im Alpenraum letzte Grünerlen (Alnus viridis), die etwas Pollen verstreuen. Geringe bis mäßige Belastungen sind stellenweise möglich. Zahlreich blühen insektenbestäubte krautige Pflanzen, wie Dolden- (Apiaceae), oder Korbblütler (Asteraceae), Rötegewächse (Rubiaceae), Büschelblume (Phacelia) oder Natternkopf (Echium), sodass „jederzeit“ mit einzelnen Pollenkörnern dieser Pflanzengattungen bzw. -familien gerechnet werden muss.
Nachdem beim SchimmelpilzsporenflugCladosporium bereits seit Monatsanfang von sich reden macht, kommt nun auch Alternaria zunehmend in eine „Sturm-und-Drang-Phase“. In den kommenden Tagen ist somit immer häufiger mit ersten intensiveren Ausbrüchen beim Alternaria-Sporenflug zu rechnen, wobei dann die Sporentyp-eigene Warnschwelle zur möglichen Auslösung von Allergiesymptomen (teils spielend) geknackt werden könnte. Wo genau, wie viele Sporen zusammenkommen, lässt sich kaum eingrenzen. Die geringsten Belastungen sind in den Hochlagen der Berge zu erwarten, die höchsten in den Getreideanbauregionen der Tieflagen. Nach dem Durchzug der anfänglichen Regenfälle wird es in warmer bis heißer Luft auch bei Cladosporium wieder ein Plus an Sporen geben. Mit dem regelmäßigen Überschreiten der Warnschwelle ist auch bei diesem Sporentyp verbreitet zu rechnen. Epicoccum-Sporen fliegen voraussichtlich geringfügig zunehmend in weiterhin größtenteils mittlerer Konzentration. Eine mögliche Warnschwelle ist für diesen Sporentyp nicht bekannt.
Matthias Werchan, 25.06.2025
*** Wir danken allergyinsider, einem Service von Thermo Fisher Scientific, für die Unterstützung dieser Wochenpollenvorhersage. ***
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