Pollen krautiger Pflanzen dominieren den Pollenflug – Gräserpollen spielen nur noch eine Nebenrolle
Ausdauernde Regenfälle begünstigten in den zurückliegenden sieben Tagen vor allem den ausgetrockneten Nordosten des Landes. Aber auch sonst kam immer mal wieder kräftig Nass vom Himmel. Komplett trocken blieb es nirgendwo. Viele Grünanlagen in Städten und auch das Grünland außerhalb der Städte, das im Hochsommer nicht selten als „Gelb- oder Braunland“ daherkommt, bekam einen neuen Anstrich aus zartem oder gar sattem Grün. Zwischen dem vielen Regen kam insbesondere zwischen Freitag und Sonntag verbreitet die Sonne raus bei sommerlichen Temperaturen. Dies machten sich allerdings eher die Sporen zunutze als die Pollen – dazu gleich mehr. Bei den Pollen erzielten vor allem die Brennnesselgewächse zwischenzeitlich substanzielle Fortschritte hin zu deutlich höheren Pollenkonzentrationen als zuvor. Dabei wurden zwar keine beachtlichen Werte gemessen, aber an einzelnen Tagen zumindest großräumig hohe Konzentrationen – bis der nächste Regen alles wieder auf „Null“ setzte. Der Gräserpollenflug erreichte an keiner Messstation mehr ein hohes Belastungslevel. Selbst an sonnigen Tagen muteten die Gräser den Allergiebetroffenen an vielen Orten nur niedrige Pollenkonzentrationen zu. Grünlandreiche Hochgebirgsgegenden oder Landschaften im hohen Norden erreichten häufig noch mittlere Konzentrationen und damit mäßige Belastungen. Mäßige Belastungen erreichte auch der Beifuß, allerdings nur im Norden und Osten und nur an den regenarmen oder trockenen Tagen, ansonsten flogen Beifußpollen nur sporadisch oder gar nicht. Meist schwach und nur gelegentlich mäßig traten weitere Pollen krautiger Pflanzen auf, speziell von Ampfer, Wegerich und Gänsefußgewächsen. Einzelne Pollen stammten zudem von insektenbestäubten Arten (z.B. Dolden- oder Korbblütlern), Esskastanien, Linden oder Zypressengewächsen. Ambrosiapollen waren nicht dabei. Die allergenen Sporen von Alternaria und Cladosporium nutzten die wenigen trockenwarmen Tage zu einem wahren Run auf die Allergiebetroffenen. Dabei taten sich vor allem die Tage von Freitag bis Sonntag hervor, an denen „out of the blue“, also im wahrsten Sinne des Wortes aus heiterem (sprich blauen) Himmel enorme Sporenkontingente verteilt wurden. Die Sporentyp-spezifischen Warn- bzw. Reizschwellen zur Auslösung von Allergiesymptomen wurden an diesen Tagen sowohl von Alternaria als auch von Cladosporium verbreitet um ein Mehrfaches (teils um das 10-fache) überschritten – saisonale Spitzenwerte inklusive! Ansonsten war der Sporenflug witterungsbedingt (stark) eingeschränkt und die Konzentrationen erreichten die Warnschwellen nur knapp oder blieben darunter. Auch Epicoccum-Sporen flogen an den sommerlichen Tagen in beachtlicher Menge, erreichten dann auch ein hohes Konzentrationsniveau.
Die kommenden sieben Tage vergehen deutschlandweit hitzefrei. Weiterhin ist es mehr oder minder wechselhaft mit voraussichtlich größeren Regenmengen für den Alpenraum und den äußersten Süden. Im großen Rest des Landes neigt die Atmosphäre zu gelegentlichen Schauern- und Gewittern – gerne auch mal von der kräftigen Sorte und zwischenzeitlichen Trockenphasen. Exorbitanter Pollenflug ist nicht zu erwarten. Schimmelpilzsporen könnten sonnige Tage für kurzweilige Ausflüge nutzen.
Beim Beifuß (Artemisia) beginnt in den kommenden Tagen die Hauptblütezeit. Damit nehmen in der Tendenz die Pollenkonzentrationen allmählich weiter zu. So richtig gehaltvoll im Sinne des Pollenflugs werden aber auch die nächsten Tage noch nicht. Die Hauptsaison beginnt erst und das wechselhafte Wetter lässt den Pollenflug immer wieder aus dem Takt kommen. Dennoch sollten sich entsprechend Sensibilisierte vor allem im Norden und Osten auf bereits verbreitet mäßige Belastungen einstellen, im Umfeld blühender Bestände können entsprechend auch hohe Belastungen auftreten. Im Rest des Landes ist zwar punktuell ebenfalls mäßiger bis vereinzelt starker Pollenflug möglich, auf die Fläche gesehen bleibt jedoch geringer oder sporadischer Beifußpollenflug vorherrschend. Den höheren Berglagen enthalten sich die Beifußpollen sogar gänzlich.
Die Brennnesselgewächse (Urticaceae) sind nach den belebenden Regenfällen der letzten Wochen mit reichlich Blüten „geschmückt“. Die kleinen Pollenkörner von Brennnessel (Urtica) und Glaskraut (Parietaria) machen sich daher an trockeneren Tagen in größerer Zahl auf den Weg und dürften auch nach vorherigen Niederschlägen rasch und nahezu überall in großer Zahl die Luft bevölkern. Dabei sind zwar keine „Spitzenleistungen“ wie im Vorjahr zu erwarten aber zwischenzeitlich „safe“ hohe Pollenkonzentrationen. Während sich die heimischen Brennnesseln an (fast) jeder Ecke aufhalten, vom Wald bis in die Stadt und von der Küste bis ins Gebirge, konzentrieren sich die mediterranen Glaskräuter hierzulande auf wärmebegünstigte Lokalitäten – insbesondere städtische Wärmeinseln. Nur dort ist mit substanziellem Glaskraut-Pollenflug zu rechnen. Das wärmere Klima verbessert die Wachstumsbedingungen für das Glaskraut in Deutschland stetig. Damit könnten die als allergen eingestuften Glaskrautpollen auf kurz oder lang zu den relevanten Allergieauslösern im Land gehören. Die heimischen Brennnesselpollen sind allergologisch deutlich weniger auffällig als Glaskrautpollen, Allergien dagegen treten dennoch gelegentlich auf.
Die Pollen der Gräser (Poaceae) stechen kaum noch aus der Masse heraus. Es treten größtenteils nur geringe Pollenkonzentrationen auf. Die Regenfälle kurbeln allerdings das Wachstum der Gräser an und in geringem Maße kann es bei einigen abgeblühten Gräserarten zur erneuten Blütenbildung und Pollenfreisetzung kommen. Im Umfeld dieser frischen Blüten können die Pollenkonzentrationen höher ausfallen und Allergiker-wirksamer werden. Auch spätblühende fremdländische Ziergräser in Gärten oder Blumenrabatten, wie das Chinaschilf (Miscanthus), das Pampasgras (Cortaderia) oder andere spätblühende Arten können punktuell für relevanten Pollenflug verantwortlich sein. Die Maisblüte (Zea mays) sorgt außerhalb der Städte für Pollenflug. Maispollen können, wie andere Gräserpollen auch, Allergiesymptome hervorrufen, treten als Pollenschwergewichte allerdings nur in Maisfeldern oder in deren unmittelbarem Umfeld in bedeutender Zahl auf.
Ampfer (Rumex), Wegerich (Plantago) und Arten aus der Familie der Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae/Amaranthaceae) verursachen weiterhin verbreitet geringen bis knapp mäßigen Pollenflug. Punktuelle Pollenhotspots lassen an trockenen Tagen auch mäßigen bis starken Pollenflug zu.
Pollenarten, die weiterhin oder erstmals in kleiner Zahl messbar sein können, gehören zu Esskastanie (Castanea), Hanfgewächsen (Cannabaceae), Heidekrautgewächsen (Ericaceae), Linde (Tilia), Löwenzahn (Taraxacum – Cichorioideae) und Zypressengewächsen (Cupressaceae). Das allergene Traubenkraut (lat. Ambrosia) kann vereinzelt bereits blühen und erste Pollen in die Luft entlassen. Zahlreich und weit verbreitet blühen insektenbestäubte krautige Pflanzen, wie Dolden- (Apiaceae) oder Korbblütler (Asteraceae), Hahnenfuß- (Ranunculaceae) oder Rötegewächse (Rubiaceae), Büschelblume (Phacelia) oder Natternkopf (Echium). Auch Blumensträuße in der heimischen Stube können zu Allergiesymptomen führen, speziell wenn zahlreiche Korbblütler, wie die Goldrute (Solidago) enthalten sind. Die Pollen verschiedener Korbblütler-Arten können untereinander kreuzreaktiv sein, sodass hiervon Beifuß- oder Ambrosiapollenallergiker im besonderen Maße betroffen sind.
Der Sporenflug der allergenen Schimmelpilze Alternaria und Cladosporium befindet sich auf seinem alljährlichen Zenit. Es können an trockenen Tagen verbreitet hohe Sporenbelastungen auftreten, die die jeweiligen Sporentyp-spezifischen Warnschwellen (deutlich) übersteigen. Zwischenzeitliche Regenfälle nehmen allerdings immer mal wieder den Dampf aus dem Kessel, so dass es zu keiner anhaltenden Spitzenbelastungsphase kommen sollte. Das feuchte Wetter ist der weiteren Myzel- und Sporenbildung jedoch zuträglich. Neben den gut abgrenzbaren Sporen, gilt auch das Pilzmyzel bzw. dessen Bruchstücke als symptomauslösend. Als mögliche Ursache für die teils zahlreichen Myzelbruchstücke in der Luft kommt der Getreidedrusch in Frage, der neben den Sporen wahrscheinlich auch das Myzel in die Luft katapultiert. Epicoccum-Sporen bleiben ebenfalls aktiv und können an trockenwarmen Tagen in hohen Konzentrationen in der Luft vertreten sein. Kreuzreaktionen zwischen den Sporen von Epicoccum und Alternaria sind möglich.
Matthias Werchan, 23.07.2025
*** Wir danken allergyinsider, einem Service von Thermo Fisher Scientific, für die Unterstützung dieser Wochenpollenvorhersage. ***
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