Wochenprognose

Für Deutschland

Wochenpollenvorhersage Benno

Mittwoch, 27. Juli 2022 - Dienstag, 02. August 2022

Beifuß (Artemisia)
Hopfen (Humulus - Cannabaceae)
Ampfer (Rumex)
Brennnesselgewächse (Urticaceae)
Gänsefuß (Amaranthaceae)
Gräser (Poaceae)
Wegerich (Plantago)
Beifußpollen (Artemisia) gewinnt nun rasch an Bedeutung – die Pollenmenge in der Luft steigt. © Aisylu Ahmadieva/Shutterstock.com

Beifußpollen geht in die Offensive – ansteigendes Allergierisiko voraus!

Die vergangenen Tage präsentierten sich zwischen ordentlich heiß, vor allem in der Südhälfte und auch mal erfrischend kühl im Norden. Regen gabs immerhin im Nordwesten und in Alpennähe, anderswo fielen die berühmten ein bis zwei Tropfen auf den heißen Stein. Der Pollenflug lieferte nichts Überraschendes. So taten sich die Gräserpollen zunehmend schwer, die mäßige Belastungsschwelle zu überschreiten, meist blieb der Pollenflug bereits zu schwach. Die Pollen der Brennnesselgewächse konnten im Vergleich zur Vorwoche an vielen Stationen zulegen, vereinzelt gab es neue Jahreshöchststände, von Rekorden waren wir aber überall weit entfernt. Der bisher zaghafte Beifußpollenflug machte zuletzt einen Hüpfer nach oben und verursachte neben verbreitet geringen auch erstmals in diesem Jahr mäßige Belastungen in einigen Regionen Norddeutschlands. Auch bei den Pollen der Hanfgewächse gab es eine (noch) schwache Aufwärtsbewegung – die Hopfenblüte beginnt. Von den allergieauslösenden Schimmelpilzsporentypen Alternaria und Cladosporium war in den letzten Tagen einiges in der Luft, häufig (aber nicht immer) wurden Sporenkonzentrationen gemessen, die geeignet sind, Allergiesymptome bei den Betroffenen auszulösen. An Messtationen im Norden, Nordwesten und Westen hielten zwischendurch sogar saisonale Höchststände Einzug, wobei jedoch keine Rekordstände erreicht wurden.  

Der Sommer bewegt sich in den kommenden Tagen auf meist durchschnittlichem Temperaturniveau. Zum Ende des Vorhersagezeitraums ist ein neuerlicher Hitzevorstoß aus Südwest möglich. Besonders am Freitag und Samstag sind Regenfälle in den mittleren und nördlichen Landesteilen zu erwarten – Worte wie „flächendeckend“ und „langanhaltend“ tauchen aber in Zusammenhang mit den Regenvorhersagen (leider) nicht auf. In vielen Landesteilen kann sich die schon jetzt große Trockenheit weiter verschärfen. Davon unbeirrt werden Pollen fliegen und vor allem die Kräuter insgesamt mehr Pollen ausschütten. Auch die Schimmelpilzsporen bleiben weiter in Hochstimmung.  

Bis zum Ende dieser Vorhersageperiode bringen sich in immer größerem Umfang Beifußpollen (Artemisia) in Stellung, womit die letzte „heiße“ Phase der diesjährigen Pollensaison eingeläutet wird. Die bereits stellenweise mittleren Pollenkonzentrationen können sich nach dem Wochenende vor allem im Nordosten und Norden des Landes zügig bis auf ein hohes Niveau intensivieren und die Betroffenen stark belasten. In den meisten anderen Regionen des Tieflands und der unteren Berglandregionen ist verbreitet schwacher bis zunehmend mäßiger Beifußpollenflug möglich. Im direkten Umfeld größerer Beifußbestände mit einer großen Zahl blühender Pflanzen können die Pollenkonzentrationen nochmals deutlich höher liegen. Insbesondere vom frühen Morgen bis zum späten Vormittag sind die Beifußblüten geöffnet und „hauen“ ihre Pollen raus, mit einem damit verursachten innertäglichen Pollenkonzentrations-Peak. In den mittleren und höheren Lagen der Berge verhält sich der Beifuß noch unauffälliger und beginnt nur zögerlich zu blühen. Geringer Beifußpollenflug ist allerdings auch hier möglich. Beifuß begegnet man auf Ruderal- und Unkrautfluren, Ackerbrachen, Abraumhalden oder Feld-, Weg- und Waldrändern, sowohl auf dem Land als auch inmitten großer Städte, von den Küsten bis hinauf in die Höhenlagen der Berge. Allerdings gibt es über die Jahre ein auffälliges Südwest -Nordostgefälle. An unseren Messstellen im Norden und Osten ist der Beifußpollenflug innerhalb Deutschlands traditionell am stärksten, schwächer dagegen im Westen und Süden. In den Hotspot-Regionen des Traubenkrauts (lat. Ambrosia), insbesondere im Südosten Brandenburgs, können regional bereits Ambrosiapollen fliegen und schwache bis mittlere Belastungen hervorrufen. Überregional sind in den kommenden Tagen nur vereinzelte Ambrosiapollen in der Luft.

Die Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae/ Amaranthaceae) blühen ebenfalls verbreitet. Ein weiteres Ausbaupotential nach oben ist bei den Pollenkonzentrationen aber nicht mehr zu erwarten. Gleichbleibend niedrige bis vereinzelt mal mittlere Pollenkonzentrationen sind so in der Fläche möglich, im direkten Umfeld blühender Pflanzen entsprechend auch hohe Konzentrationen. Durch die Pollen der Gänsefußgewächse können Allergiesymptome hervorgerufen werden. In Ländern des ariden Südens, z.B. im Nahen Osten, sind die dortigen Vertreter der Gänsefußgewächse wichtige Allergieauslöser. Zu den Gänsefußgewächsen zählen neben den Arten der namensgebenden Gattung Gänsefuß (Chenopodium) auch die Melden (Atriplex), der salztolerante Queller (Salicornia) und der sich in Ausbreitung befindliche Amaranth (Amaranthus).

Die zu erwartenden Gräserpollenkonzentrationen (Poaceae) dieser Vorhersagewoche unterscheiden sich kaum noch von dem Niveau der Vorwoche. Sie bleiben in den Tieflagen meist niedrig und belasten entsprechen schwach. Punktuell, an Orten mit einer hohen Zahl spätblühender, wärmeliebender Gräser, sind mäßige Belastungen möglich – das war´s dann aber auch. Auf naturbelassenen Wiesen in den Hochlagen der Berge sowie in deren Umfeld sind jedoch noch immer deutlichere Allergiesymptome möglich, da durch den späteren Blühbeginn mehr Gräser als in den Tieflagen in Blüte stehen und die Pflanzen von intensiven Bewirtschaftungsmaßnahmen (häufige Mahd) meist verschont bleiben. Nicht zu unterschätzen sind die aktuell in Hochform blühenden Maisfelder (Zea mays). Gräserpollenallergiker können auf die Pollen dieses Kulturgrases genauso mit (deutlichen) Symptomen reagieren, wie auf andere Getreide- oder Wildgräserpollen. Die großen Maispollen fliegen nicht weit, wodurch der ausgedehnte Maisanbau glücklicherweise nicht zu einer flächigen Belastungssituation führt. Vom Aufenthalt in einem blühenden Maisfeld ist jedoch (unbedingt) abzuraten.

Der leichte Anstieg der Pollenkonzentrationen bei den Brennnesselgewächsen (Urticaceae) in den letzten Tagen könnte sich über die nächsten Tage weiter fortsetzen, mal abgesehen vom regenverheißenden Freitag und Samstag. Weiterhin ist Hauptblütezeit und viele der sehr kleinen und gut flugfähigen Pollen werden freigesetzt und weithin in der Luft verteilt. Dürrebedingte Ausfälle und Minderwachstum limitieren in diesem Jahr die erreichbaren Konzentrationsspitzen bei den Pollen der Brennnessel (Urtica). Weniger dürre- und hitzeanfällig ist dagegen das Glaskraut (Parietaria), welches mancherorts bereits jetzt „gerne“ an die Stelle der Brennnessel tritt und mit seinen deutlich allergeneren Pollen die hiesigen Verbreitungsschwerpunkten dieser Gattung entsprechend belasten kann. Glaskrautbestände finden sich an Ruderalstellen und Wegrändern am Rande oder in städtischen Wärmeinseln oder in anderen wärmebegünstigten Gegenden. Das zunehmend wärmere Klima fördert die Ausbreitung des Glaskrauts in unseren Breiten.

Der Pollenflug von Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) setzt sich fort. Alte Höchststände vom Frühsommer werden insbesondere beim Ampfer allerdings nicht mehr erreicht bzw. überschritten. Der Wegerich ist da noch etwas beständiger, kämpft allerdings an einigen Standorten mit der großen Bodentrockenheit. Schwacher Pollenflug herrscht bei beiden Pollenarten vor, im Tiefland genauso, wie in den Bergen.

Bei den Hanfgewächsen (Cannabaceae) machen sich jetzt vor allem die Pollen des Hopfens (Humulus) startklar. Diese weit verbreitete Art kann während der Blüte sogar sichtbare Pollenwolken in die Luft abgeben, die sich dann in der Fläche schnell verdünnen, aber gebietsweise zu mittleren bis hohen Pollenkonzentrationen führen. Jetzt zu Beginn der Blütezeit nehmen die Belastungen von Null auf ein zumindest geringes Risiko zu. Hopfen bevorzugt feuchte, stickstoffreiche Weg-, Wald und Gebüschränder sowie Gewässerränder, wo dann auch die Belastungsschwerpunkte zu erwarten sind. Hopfenpollen wird hierzulande allergologisch wenig beachtet, gilt aber zumindest als potenziell allergen. In Südostasien wird häufig von Sensibilisierungen gegen Hopfenpollen berichtet.

Zu den oben genannten Pollentypen gesellen sich einige Restpollen von Esskastanie (Castanea), Kiefer (Pinus), Linde (Tilia) und ein paar Pollen der Zypressengewächse (Cupressaceae). Eine große Anzahl insektenbestäubter Kräuter blüht. Daher können sporadisch Pollen von z.B. Natternkopf (Echium), diversen Korbblütlern (Asteraceae), Hahnenfußgewächsen (Ranunculaceae), Doldenblütlern (Apiaceae) und anderen Pflanzenfamilien in unseren Pollenflugmessgeräten und auch überall sonst auftauchen. Deren allergene Relevanz ist aufgrund der sehr geringen Pollenzahl in der Luft in den meisten Fällen unbedeutend.

Der Sporenflug der beiden wichtigen Allergieauslöser unter den Schimmelpilzsporen der Außenluft, Cladosporium und Alternaria, hat nach Abzug der regionalen Regenfälle vom Freitag und Samstag wiederum das Potential saisonale Höchststände zu erreichen. Wie hoch diese am Ende ausfallen, kann erst rückblickend dargestellt werden. So oder so werden die in der Fachliteratur genannten Schwellenwerte der Sporenkonzentrationen, bei denen Allergiesymptome bei den Betroffenen wahrscheinlich sind, häufig erreicht oder sogar (weit) überschritten. Auch die Sporen von Epicoccum bevölkern die Luft, liegen aber in Anzahl und allergologischer Bedeutung hinter den beiden erstgenannten Sporentypen.

Matthias Werchan, 27.07.2022

Ärztliche Hinweise (Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann)

Mit Beginn des Augusts werden auch wieder die Sporen von Alternaria alternata in der Luft auftauchen, der zu den „Schwärzepilzen“ gehört (Melanin färbt die Pilze schwarz). Dieser Schimmelpilz wächst auf verfaulenden Pflanzen und Laub, in den Wohnungen ist er auf altem Obst und Gemüse zu finden, aber auch auf Tapeten und ist damit ein Wandschimmel. Da Alternaria oftmals auf trockenen Pflanzen und Getreide wächst wird er besonders bei der Ernte von Getreide – aber auch beim Rasenmähen im eigenen Garten – freigesetzt. Die Allergene aus Alternaria können einen allergischen Schnupfen auslösen, gerne verbunden mit einer gleichzeitigen Augenentzündung – wichtiger aber ist die Auslösung, Unterhaltung und verstärkende Symptombildung von allergischem Asthma bronchiale.

Mehrfach bin ich in den letzten Jahren schon gefragt worden, warum der Polleninformationsdienst eigentlich nur für Pollen eine Vorhersage durch den Deutschen Wetterdienst unterstützt – es aber keine Vorhersage für Alternaria gibt. Hier möchte ich dazu eine Antwort geben.

Rund 9 % der europäischen Bevölkerung haben eine Sensibilisierung und zu einem großen Teil auch eine Allergie gegen Alternaria. Die Menge an Alternaria-Sporen in der Luft ist sicher ein Auslöser von Sensibilisierungen, Erkrankungen und Symptomstärken – aber bisher ist keine Publikation bekannt, die einen tatsächlichen Zusammenhang zwischen Sporenmenge in der Luft und Symptomart und Symptomstärke der Betroffenen mit allergischer Rhinitis und/oder Asthma beschrieben hat.

Warum ist das so?
Es besteht das Problem, dass nicht alle Alternariasporen Allergene in gleicher Konzentration besitzen bzw. überhaupt freisetzen – offenbar in Abhängigkeit der Sporenlebensfähigkeit, meteorologischen Bedingungen bzw. Kulturbedingungen. Auch die begleitende Luftqualität spielt bei der Auslösung von Symptomen durch Alternariaallergene eine Rolle, wie dies auch bei Birken- und Gräserpollen der Fall ist. Eine Reihe von Kreuzreaktionen der Allergene mehrerer Schimmelpilzsporen untereinander macht das Problem nicht einfacher.
So könnte man zwar versuchen, das Auftreten von Alternariasporen in Deutschland vorherzusagen, da der PID ja seit vielen Jahren an mehreren Standorten Messungen von Alternaria vornimmt – aber die Vorhersagen würden wenig Aussage haben zu dem Risiko, Symptome durch Alternariasporen auszulösen.

Die Sporen von Alternaria haben eine ganze Reihe von Allergenen, das Hauptallergen ist das sog. Alt a 1. Hier konnte allerdings gezeigt werden, dass die Konzentration von freiem Alt a 1 in der Luft relativ gut positiv mit Symptomen korreliert – d.h. je mehr freies Allergen in der Luft, je stärker die Symptome der Betroffenen. Allerdings ist die Bestimmung von freiem Alt a 1 in der Luft nicht einfach und würde kosten – und da haben wir ja im Moment ganz andere Sorgen, weltweit.

Also, es gibt noch viel zu tun; bleiben Sie weiter informiert!

 

*** Wir danken der Allergopharma GmbH & Co. KG, der AstraZeneca GmbH und der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG für das Sponsoring dieser Wochenpollenvorhersage. ***

 

Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Gräser, des Beifußes und des Traubenkrauts (Ambrosia) für Deutschland finden Sie hier.

Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Gräser und des Traubenkrauts (Ambrosia) in der Luft in Europa finden Sie hier.

 

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