Hauptblütezeit der Gräser – es ist noch nicht vorbei!
Der Sommer nahm in der zurückliegenden Vorhersagewoche das Zepter in die Hand und hatte zum vergangenen Freitag und am Wochenende einen erster Schwall richtig heißer Luft im Schlepptau. Diese wurde von nachfolgenden Schauern und Gewittern wieder nach Osten abgedrängt. Seitdem ging es trocken und zumindest warm weiter. Bei den Pollen wurde in den letzten Tagen keine „heiße Luft“ serviert. Vor allem die Gräser gingen ordentlich ans Werk und bescherten – von regenbedingten Pollenflugpausen abgesehen – den allermeisten Regionen eine belastungsintensive Woche. Mancherorts, vor allem im Norden und in den höheren Lagen, wurden auch neue saisonale Höchststände erreicht. Andere Pollenarten waren weniger „hitzköpfig“ unterwegs. Bedeutende Zuwächse erzielten hier vor allem die Brennnesselgewächse, die neben verbreitet mäßigen, stellenweise hohe Pollenkonzentrationen erreichten und damit fast überall die zweithäufigste Pollenart in der Luft waren. Größtenteils schwach bis mäßig war der Pollenflug von Ampfer, Linde und Wegerich. Stellweise erreichten auch Esskastanie, Götterbaum, Holunder oder Kiefer mittlere Konzentrationswerte. Nahe zu den jeweiligen Pollenquellen dürften jedoch besonders bei Esskastanie, Götterbaum und Linde auch hohe Konzentrationen vorgekommen sein, die von unseren Pollenmessstellen allerdings nur selten abgebildet werden können. Geringer oder sporadischer Pollenflug wurde durch zahlreiche weitere krautige Pflanzen, wie Doldenblütler, Gänsefuß- und Rötegewächse, Büschelblume oder Natternkopf verursacht. Ganz vereinzelt wurden erste Beifußpollen gesichtet. In den Alpen geisterten Erlenpollen der dort vorkommenden Grünerlen herum, die in den Hochlagen für mäßige bis stellenweise hohe Erlenpollenbelastungen sorgten. Bei den Schimmelpilzen erreichten zumindest die Sporen von Cladosporium hin und wieder die Sporentyp-spezifische Warnschwelle, vor allem in der heißeren Westenhälfte. Alternaria-Sporen waren kaum aktiver als in der Woche zuvor, blieben damit in ihrer Zahl überall unterhalb der proklamierten Warnschwelle. Sporen von Epicoccum flogen ebenfalls wenig verändert gegenüber der Vorwoche, in etwa auf dem Niveau von Alternaria.
Die neue Vorhersagewoche bleibt sommerlich mit einem nächsten Hitzehöhepunkt am Wochenende. Bis voraussichtlich Sonntagabend bleibt es dazu überall trocken. Danach rückt aus heutiger Sicht mit einer durchziehenden Kaltfront (vorübergehend) kühlere Luft aus Nordwesten bei uns ein. Da der Wind von Freitag bis Sonntag in den Tieflagen nur wenig weht, ist die Pollen- und Sporenverteilung trotz des trockenwarmen Sommerwetters zeitweilig eingeschränkt.
Die Gräser (Poaceae) sorgen in den nächsten Tagen weiterhin für „dicke Luft“ und unangenehme Zeiten für Gräserpollenallergiker. Trotzdem das Gröbste mancherorts bereits durch ist, sollte es vorerst noch bei größtenteils hohen Belastungen in weiten Landesteilen bleiben. Auch saisonale Spitzenbelastungen sind stellenweise möglich, da je nach Mikroklima und Gräserarten-Zusammensetzung in der Umgebung die Pollenkonzentrationen lokal noch zunehmen können, auch wenn der Gräserpollenflug großräumig bereits nachzulassen beginnt. Höhere Berglagen oberhalb von 1.500 m NN sind nun ebenfalls mehr und mehr von Gräserpollen betroffen, speziell im Umfeld von Almwiesen.
Die Brennnesselgewächse (Urticaceae) legen in den nächsten Tagen wieder eine Schippe drauf. Flächig sind mäßige, stellen- oder gebietsweise hohe Pollenkonzentrationen zu erwarten. In welcher Ecke des Landes oder in welcher Region die Pollen der Brennnessel (Urtica) besonders zahlreich fliegen, lässt sich kaum vorhersagen, da Brennnesseln förmlich an jeder Ecke rumlümmeln. Die ebenfalls zu den Brennnesselgewächsen gehörigen Glaskräuter (Parietaria) verdingen sich besonders in den Wärmeinseln größerer Städte wie Köln oder Berlin. Dort kann sich dann einiges an Glaskrautpollen unter die Brennnesselpollen mischen. Pollen der Glaskräuter gelten in mediterranen Gegenden als wichtiges Allergen und könnten auch hierzulande bei Fortschreiten des Klimawandels als Allergietreiber an Bedeutung gewinnen. Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) ackern weiterhin mit vollen Blüheinsatz. Der Pollenflug bleibt unverändert gering bis mäßig und auf verkrauteten Wiesen und deren Umgebung auch mal stark. Vor allem der Wegerich kann bei einigen Menschen merkliche Allergiesymptome hervorrufen.
Die Zeit der Kiefernpollen (Pinus) ist in den Tieflagen vorbei und verlagert sich in die Latschenzone des höheren Berglands, wo die beginnende Blüte der Latschenkiefer (P. mugo) für Blütenstaub in der Luft sorgt, der lokal auch mal in hoher Konzentration auftreten kann. Überall sonst ist immer mal etwas Kiefernpollen zugegen – frisch ist das Zeugs dann aber nicht, sondern besteht vorwiegend aus wiederaufgewirbelten Pollen oder aus Pollen mit sehr langer Anreise (z. B. aus Skandinavien).
Die Holunderblüte (Sambucus) ist kurz vor ihrem Ende. Vor allem im Norden, Osten und in den mittleren Berglagen kann jedoch noch geringer bis vereinzelt mäßiger Pollenflug auftreten. Ansonsten vereinzeln Holunderpollen mehr und mehr und „fallen in der Luft nicht mehr weiter auf“.
Die „kleine Baumblüte“, bestehend aus Linde (Tilia), Esskastanie (Castanea) und Götterbaum (Ailanthus), setzt sich unvermindert fort, kann im kühleren Norden sogar noch zulegen. Im weiteren Umfeld blühender Bäume können durchaus hohe Pollenkonzentrationen auftreten, ansonsten geringe bis mittlere. Der fremdländische, invasive Götterbaum ist vor allem in größeren Städten verbreitet – dort ist auch der Pollenkontakt am wahrscheinlichsten. Linden- und Götterbaumpollen gelten zwar als potenzielle Allergieauslöser, spielen aber aufgrund der vorwiegend lokalen Pollenverbreitung nicht in einer Liga mit den pollenstarken Allergietreibern des Frühjahrs wie Erle, Esche oder Birke. Die Pollen der Esskastanie betreffen am ehesten Birkenpollenallergiker über Kreuzreaktionen. Esskastanien sind jedoch in Deutschland nur im Südwesten heimisch, ansonsten hier und da angepflanzt. Daher ist der Pollenflug in den nächsten Tagen meistens schwach und selten bzw. räumlich eng begrenzt stark.
Pollenarten, die weiterhin oder erstmals in kleiner Zahl messbar sein können, gehören zu Beifuß (Artemisia), Birke (Betula), Gänsefußgewächsen (Chenopodiaceae/Amaranthaceae), Hanf – Hanfgewächsen (Cannabaceae), Löwenzahn (Taraxacum – Cichorioideae), Binsen- (Juncaceae) und Rosengewächsen (Rosaceae), Roggen (Secale), Sauergräsern (Cyperaceae) und Zypressengewächsen (Cupressaceae). Zahlreiche insektenbestäubte krautige Pflanzen, wie Dolden- (Apiaceae), oder Korbblütler (Asteraceae), Rötegewächse (Rubiaceae), Büschelblume (Phacelia) oder Natternkopf (Echium) können ebenfalls mit einzelnen Pollenkörnern aufwarten. In den Höhenlagen der Alpen kann die voll erblühte Grünerle (Alnus viridis) lokal weiterhin mäßige bis starke Belastungen verursachen. Teils werden die Pollen bis in die Täler oder in ausgedünnter Zahl bis ins Alpenvorland und darüber hinaus verweht.
Nachdem beim Sporenflug allergologisch bedeutsamer Schimmelpilze Cladosporium durch wiederholtes Überschreiten der Sporentyp-eigenen Warnschwelle bereits den Auftakt in die Sporensaison gegeben hat, nehmen auch die Sporen von Alternaria die Betroffenen ins Visier. So dürfte gegen Ende der Vorhersagewoche vor allem im Südwesten und Westen der Alternaria-Sporenflug aufleben mit ersten Überschreitungen der Warnschwelle zur möglichen Auslösung von Allergiesymptomen. Weiter nach Norden und Osten dürfte zumindest die aktuelle Vorhersagewoche noch größtenteils ohne eine Überschreitung dieser Schwelle ins Land gehen. Epicoccum-Sporen fliegen weiterhin in bis zu mittlerer Konzentration. Eine mögliche Warnschwelle ist für diesen Sporentyp nicht bekannt.
Matthias Werchan, 18.06.2025
*** Wir danken allergyinsider, einem Service von Thermo Fisher Scientific, für die Unterstützung dieser Wochenpollenvorhersage. ***
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