15.03.2021

Schreiben an den PID "Die Zusammenhänge von COVID-19 und Pollen kurz erläutert"

Am 14.03.2021 erhielt der PID via E-Mail die folgende Erklärung von Prof. Claudia Traidl-Hoffmann zum Verständnis für die Ergebnisse der sog. PNAS-Studie. Die folgenden Zeilen stellen die vollständige Erklärung (in kursiv) da und wurden mit Einverständnis von Prof. Claudia Traidl-Hoffmann am 15.03.2021 auf unserer Webseite veröffentlicht: 

Die Zusammenhänge von COVID-19 und Pollen kurz erläutert

In der Zeitschrift PNAS wurde letzte Woche veröffentlicht, dass SARS-CoV-2 Infektionen und Pollenexpositon in einem möglichen Zusammenhang stehen. Die Daten stützen sich auf Pollenflugmessungen und SARS-CoV-2 Infektionen aus insgesamt 31 Ländern und auf 5 Kontinenten. Der Beobachtungszeitraum war vom 1. Februar bis zum 8. April 2020.

Die Studie zeigt einen signifikanten, positiven statistischen Zusammenhang zwischen SARS-CoV-2 Infektionsraten und mehreren Umweltfaktoren im Frühjahr 2020. Neben den untersuchten Umweltfaktoren, Temperatur, Luftfeuchte und Pollen, wurden vor allem soziologische Effekte (Bevölkerungsdichte und Lockdown) als wichtige Einflussgrößen im Infektionsgeschehen identifiziert.

Vorergebnisse aus dem Jahr 2020 weisen darauf hin, dass Pollen generell die angeborene Immunantwort der Schleimhäute in den oberen Atemwegen beeinträchtigen (Gilles et al. Allergy 2020). Dem zugrunde liegt die Blockade von Virus-hemmenden Interferonen durch Pollen, also eine Beeinträchtigung der Schleimhaut-Virusabwehr. Konkret zeigt diese in „Allergy“ publizierte Studie, dass durch die verminderte, körpereigene Immunabwehr unterschiedliche Erkältungsviren ein leichteres Spiel haben. Dies hatten Ergebnisse aus Zellkulturversuchen, einem komplexen lebensnahen Versuchsmodell und insbesondere einer großen Patientenkohorte (>20.000 Individuen) nahegelegt. Erst diese Daten führten als wissenschaftliche Grundlage und Hypothesengeber zu der Pollen-COVID19 Studie, die jetzt im renommierten Journal PNAS publiziert wurden (gemeinsam mit Wissenschaftler*innen des PID, des ZAUM, des DWD und unter wissenschaftlicher Leitung des Lehrstuhls für Umweltmedizin, Universität Augsburg).

Faktencheck:

  • Umweltfaktoren, darunter auch Pollen sind möglicherweise für einen Teil der Veränderung der Sars-CoV2 Infektionsraten im Frühling verantwortlich
  • Die PNAS-Studie ist eine reine Datenanalyse und weist bislang keinen kausalen Zusammenhang zwischen Pollen und einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber SARS-CoV-2 nach. Insbesondere persönliche Risiken können NICHT abgeleitet oder gar beziffert werden.
  • Der wichtigste Faktor bei COVID19 ist die respiratorische Aufnahme virushaltiger Partikel, die beim Atmen, Husten, Sprechen, Singen und Niesen entstehen. Ob es dann zu einer Infektion kommt, hängt besonders von persönlichen Risiken und der Konzentration der infektiösen Viren ab. Was diese aktuelle PNAS-Studie klar herausstellt ist die Tatsache, dass Umweltfaktoren als wichtige Einflussgröße des Infektionsgeschehen und seine Treiber mit in Betracht gezogen werden sollten.
  • Umwelteinflüsse wirken auf Infektionsgeschehen, positiv wie negativ. Beispielsweise scheinen steigende Temperaturen im Sommer einen generellen dämpfenden Einfluss auf Atemwegsinfekte zu haben. Dagegen steigt die Häufigkeit von Atemwegsinfekten im Herbst stark an – wie es auch im letzten Jahr für SARS-CoV-2 beobachtet wurde. Solche Einflüsse sind unabhängig vom Pollenflug und wurden im Rahmen der PNAS Studie nicht untersucht.

In Kenntnis des zuvor publizierten Effektes von Pollen auf die Schleimhaut-Immunabwehr lässt sich als Handlungsoption folgendes ableiten.

  • Im Frühling sollten die Pollenfluginformationen beobachtet werden, ---> wenn starker Pollenflug herrscht, kann das Tragen von Mund-Nasenschutz (FFP2-Maske) vor Pollen-Exposition schützen. Diese Empfehlung gilt für Allergiker und Nichtallergiker. Eine FFP2 Maske schützt nicht nur vor einer Infektion mit SARS-CoV-2, sie vermindert auch das Einatmen von Pollen.
  • Allergiker haben auf Basis der derzeitigen Datenlage kein erhöhtes Risiko für eine Infektion als Nichtallergiker, auch nicht in der Pollensaison.
  • Pollen sind keine (Über)-Träger des Virus
  • In Bezug auf die Medikation verweisen wir auf die ausführlichen Hinweise der Allergologischen Gesellschaften hin (z.B: www.allergieinformationsdienst.de/aktuelles/schwerpunktthemen/coronavirus.html)

 

Der PID hat zur gleichen Thematik "Pollen und Corona-Viren" am 10.03.2021 auf seiner Webseite Informationen veröffentlicht. Diese finden Sie hier: Coronavirus und Pollenflug - eine Information der Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst (PID)

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