Wochenprognose

Für Deutschland

Wochenpollenvorhersage Isabella

Mittwoch, 26. August 2020 - Dienstag, 01. September 2020

Traubenkraut (Ambrosia)
Gänsefuß (Amaranthaceae)
Gräser (Poaceae)
Ampfer (Rumex)
Brennnessel (Urtica)
Beifuß (Artemisia)
Hopfen (Humulus - Cannabaceae)
Wegerich (Plantago)
Ambrosia überwuchert ein Getreidefeld. Neben Pollenallergie verursacht die Ambrosia (dt. Traubenkraut) Ernteeinbußen als potentes Ackerunkraut © goodbishop/Shutterstock.com

Nur Ambrosia und Schimmelpilzsporen „tun noch weh“ – der Rest bietet wenig Grund zur Sorge.

Der näher rückende Herbst hat sich mit kühlerer Luft und mit einem ersten Sturm ins Gespräch gebracht. Die jetzt noch blühenden Pflanzen sollten sich also „beeilen“, ihre Blüte abzuschließen und zur Samenreifung übergehen. Zumindest den aktuellen Daten zum Pollenflug nach, scheinen die meisten Pflanzen dieses „Rat“ zu beherzigen. Bei vielen Pollenarten hat der Druck auf die Allergiker in den letzten Tagen immer weiter abgenommen. Die allerorts vorhandenen Brennnesselpollen haben sich von ihren ehemaligen Hochs inzwischen weit entfernt. Auch Beifußpollen haben ihre Glanzzeit hinter sich und belasten den Großteil der Republik kaum noch. Einzig im Nordosten waren Beißfußpollen noch regelmäßig in unseren Pollenfallen zu Gast. Ambrosia ist wie immer spät dran mit der Blüte. Messungen aus dem Verbreitungszentrum dieser allergenen Pflanzengattung (speziell aus SO-Brandenburg) deuten auf einen raschen Anstieg der Pollenbelastung hin. Die Sporenkonzentrationen durch Schimmelpilze hatten sich in der vergangenen Woche zumindest an trockenen Tagen wieder nach oben bewegt, wobei dieses Mal besonders Cladosporium und weniger Alternaria unangenehm auffiel.

Wie einleitend beschrieben, stellt der Pollenflug des allergenen Beifußes (Artemisia) für viele Allergiker nur noch ein „laues Lüftchen“ dar. Bedeutsame Belastungen beschränken sich vorwiegend auf Regionen nordöstlich der Elbe, wobei auch hier keine „dicken Bretter mehr gebohrt werden“, wie noch vor 2 oder 3 Wochen. Für ein mittleres Belastungsniveau kann es hier an trockenen Tagen noch reichen, ansonsten mutet der Beifuß den Betroffenen nicht mehr viel zu. Sporadisch auftretende Pollen oder ein schwaches Belastungsniveau sind in den kommenden Tagen zu erwarten. 

Während also der „Wind“ beim Beifuß immer weiter nachlässt, steigert sich der Pollenflug des allergenen Traubenkrauts (lat. Ambrosia) direkt in den Verbreitungszentren dieser Gattung zu einer „steifen Briese“. So können insbesondere in Teilen Brandenburgs und dem nördlichen Sachsen an regenfreien Tagen hohe Belastungen mit Ambrosiapollen auftreten. Die dabei auftretenden Pollenkonzentrationen können sogar diejenigen des Beifußes an seinen besten Tagen (deutlich) übertreffen. Ambrosia nähert sich damit seinem Blühhöhepunkt im Land. Glücklicherweise sind von der Ausbreitung der Ambrosia bisher nur wenige Regionen in Deutschland wirklich arg betroffen. Am genannten Ambrosia-Hotspots haben sich auf Feldern, Straßenrändern und Brachflächen Millionen von Pflanzen ausgebreitet, die zwar teilweise bekämpft aber nicht mehr aus der Landschaft getilgt werden können. Etabliert hat sich die Pflanze allerdings bereits in nahezu allen Regionen Deutschlands. So gibt es beispielsweise in Bayern und NRW immer wieder kleinere Vorkommen von bis zu einigen hundert oder tausend Pflanzen, z.B. entlang von Autobahnen oder auf temporären Erdzwischenlagern, die punktuelle oder lokale Belastungsschwerpunkte setzen, die von unseren Messgeräten nicht detailliert abgebildet werden können. In diesen Gebieten hängt es von der Größe der Ambrosiabestände ab, wie hoch die Belastungen tatsächlich werden – zwischen gering/sporadisch bis lokal hoch ist alles möglich. Kreuzreaktionen zwischen Beifuß- und Ambrosiapollen treten häufig auf. Es sollten sich also auch Beifußpollenallergiker auf mögliche Allergiereaktionen einstellen.

Die Gräserpollen (Poaceae) bemühen sich zu dieser fortgeschrittenen Jahreszeit darum, nicht vollständig in Vergessenheit zu geraten. Sie bringen dabei aber nur noch geringe Pollenkonzentrationen zustande, die sich aus der späten Blüte bestimmter Gräserarten, wie z.B. dem Hundszahngras (Cynodon dactylon) oder den Borstenhirsen (Setaria) speisen. Die allermeisten Gräserpollenallergiker haben hier nichts mehr zu befürchten. Das Pollenkonzentrationsniveau hält sich im ganzen Land in den nächsten Tagen (sofern regenfrei) tapfer etwas über Null.

Der Flug der kleinen Pollen der Brennnesselgewächse (Urticaceae) lässt nun recht zügig immer weiter nach. Bis zum Ende des aktuellen Vorhersagezeitraums dürften sich verbreitet nur noch geringe bis mittlere Konzentrationen von Brennnessel- (Urtica) und Glaskrautpollen (Parietaria) messen lassen – ausgehend von ehemaligen Spitzenwerten beträgt der Rückgang dann bereits 90 % oder mehr.
 
Die Gänsefußgewächse/Fuchsschwanzgewächse (Chenopodiaceae/Amaranthaceae) haben bisher noch keinen Einbruch der Konzentrationen zu verzeichnen gehabt. Das sowieso recht niedrige Niveau des Pollenflugs hält sich noch ein paar Tage bevor es dann um den Septemberbeginn herum allmählich immer unbedeutender wird. Die höchsten Konzentrationen an Gänsefußpollen werden – wie so oft – weiterhin in der Umgebung zu den blühenden Pflanzen angetroffen.
 
Der Pollenflug durch Hopfen (Humulus) und Hanf (Cannabis) ist in den vergangenen Tagen deutlich abgeflaut. So fliegen im aktuellen Vorhersagezeitraum nur noch einzelne Pollen. Ein Einfluss auf Allergiker haben diese nicht mehr.

Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) verbreiten weiter Pollen in die Luft. Überraschungen sind aber keine zu erwarten. Das messbare Pollenkonzentrationsniveau bleibt bei beiden Kräutergattungen gering. Insbesondere Ampferpollen ist nur noch sporadisch vertreten.

Weitere Pollenarten, die in der aktuellen Vorhersagewoche in kleiner, teils zunehmender, teils abnehmender Zahl messbar sein können, stammen größtenteils von insektenbestäubten Kräuterfamilien, insbesondere von diversen Arten der Korbblütler (Asteraceae), die, wenn in sehr großer Zahl vorkommend, eine kreuzreaktive Relevanz zu den beiden Allergieverursachern Beifuß und Ambrosia haben. Arten wie beispielsweise die Goldrute (Solidago) produzieren einiges an Pollen, der beim Durchschreiten eines Bestandes dieser Art den Betroffenen um den Kopf wirbelt oder im Blumenstrauß zu Hause die Raumluft belastet. Daneben finden sich Kräuterpollen von Doldenblütlern (Apiaceae), Knöterichgewächsen (Polygonaceae) und Heidekrautgewächsen (Ericaceae) in der Luft. Erste Efeupollen (Hedera) wurden „gesehen“. Vereinzelt sind Pollen der Zypressengewächse (Cupressaceae) messbar.

Nach einer guten (Flug-)Woche für allergene Schimmelpilzsporen wie Alternaria, Cladosporium aber auch Epicoccum und einer eher schlechten Woche für Sporenallergiker sind in der aktuellen Woche weiterhin hohe aber vermutlich allmählich zurückgehende Sporenkonzentrationen zumindest bei Alternaria und Cladosporium anzunehmen. Einen festen „Blühzeitraum“ gibt es bei den Schimmelpilzen mangels Ausbildung einer Blüte nicht, wohl aber gibt es einen saisonalen Höhepunkt im Sporenflug, der für gewöhnlich irgendwo zwischen Anfang Juli und dem Beginn des (Früh)Herbstes liegt. Da wir uns dem Ende des Sommers und dem Übergang in den Herbst nähern, können Sporenallergiker auf ein saisonal bedingtes Beschneiden der hohen Sporenkonzentrationen hoffen. Epicoccum ist allerdings für seinen ausdauernden Sporenflug bekannt, der bis weit in den Herbst hinein andauern kann.

Matthias Werchan, 26.08.2020   

 

Ärztliche Hinweise (Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann):

Liebe Leserinnen und Leser,

der aktuellen Vorhersage können Sie entnehmen, dass sich der Flug allergener Pollen in Deutschland der Jahreszeit entsprechend dem Ende nähert. Und das Ende der Pollenzeit sollte für Viele der Beginn der Immuntherapie-Zeit sein! Zwar kann heute mit vielen Extrakten zu praktisch jeder Zeit mit einer Immuntherapie gegen Pollen begonnen werden, aber klassischerweise – und durchaus mit Berechtigung – beginnt man noch immer am besten ca. 3 – 4 Monate vor dem Beginn der nächsten Pollensaison. Wie sieht es eigentlich mit der Entwicklung von Heuschnupfen insbesondere in der jungen Generation in Deutschland aus? Wird es immer mehr? Schauen wir mal auf die Entwicklung der letzten 10 Jahre.

Bei der letzten gesamtdeutschen Untersuchung bei 3- bis 17-Jährigen Kindern und Jugendlichen (2041 Mädchen und 2143 Jungen), die am Untersuchungsteil von KiGGS Welle 2 (2014-2017) teilgenommen haben, wurde eine Serumprobe auf spezifische IgE-Antikörper (SX1= Lieschgras, Roggen, Birke, Beifuß, Katze, Hausstaubmilben, Cladosporium) untersucht. Für den quantitativen Nachweis kam das Testsystem IMMUNOCAP der Firma Phadia (jetzt Thermo Fisher Scientific)* zum Einsatz; ab einem Wert von ? 0,35 kUA/l wurde das Testergebnis als positiv gewertet.
Das Ergebnis: 37,1 % der 3- bis 17-Jährigen sind gegen die Allergenmischung SX1 sensibilisiert (Thamm R. et al. Allergische Sensibilisierungen im Lebensverlauf – Ergebnisse der KiGGS-Kohorte. Journal of Health Monitoring 2018;3:55-59). Ähnlich der Entwicklung der Krankheitsprävalenzen ist damit auch die Häufigkeit der SX1-Sensibilisierung in den letzten gut zehn Jahren insgesamt auf hohem Niveau stabil. Bei einem Vergleich der Häufigkeit von ärztl. diagnostiziertem Heuschnupfen und Asthma bei den 3¬ bis 17¬Jährigen in der KiGGS Basis-untersuchung (2003-2006, Querschnitt- und Kohortenstudie) mit der Untersuchung KiGGS 2 (2014-2017) ergibt sich bei der 12-Monats-Prävalenz (%) ein geringer Anstieg von 9.6 % auf 9,9 % beim Heuschnupfen und von 3,7 % auf 4 % beim Asthma bronchiale. Dabei tritt die allergische Rhinokonjunktivitis weiterhin häufiger bei Jungen als bei den Mädchen auf (11,9 % vs. 7,9 %); auch Asthma ist bei Jungen häufiger als bei Mädchen (5,0 % vs. 3,0 %). Die gute Nachricht aus der gleichen Untersuchung: Der Anteil der 11- bis 17-Jährigen Kinder und Jugendlichen, die bei einem Vergleich beider Erhebungen nach einem Hauttest eine Immuntherapie erhielten hat sich signifikant von 24,3 % auf 30,1 % erhöht. Das ist ein schöner Erfolg der vielfältigen Bemühungen um eine Verbesserung der Immuntherapie-Anwendung – der einzigen kausalen Methode, die zum Stopp der Krankheitsentwicklung bei einem Heuschnupfen führen kann.

Zusammenfassend können wir zur epidemiologischen Situation in Deutschland feststellen:

•    Bei Kindern und Jugendlichen ist in den letzten 10 Jahren die Häufigkeit von     Sensibilisierungen gegen Inhalationsallergene noch gestiegen, aber:
•    die Zahl an Erkrankten (Heuschnupfen und Asthma) hat sich nicht mehr wesentlich erhöht
•    die Häufigkeit des Oralen Allergie-Syndroms ist mit ca. 50 % bei allen Erwachsenen mit     Baumpollenallergie (scheinbar) auf einem Plateau.

Und auch zukünftig wird ein wesentlicher Teil der Bevölkerung keine Allergie haben.

So viel zu einer kleinen Epidemiologie von Heuschnupfen und Co. in Deutschland. Wie Sie sehen – es gibt viel zu tun: Packen wir es an!

Ihr Christian Bergmann

*keine bezahlte Werbung, Angabe aus Zusammenfassung des Robert-Koch-Instituts

 


*** Wir danken der Allergopharma GmbH & Co. KG, der AstraZeneca GmbH und der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG für das Sponsoring dieser Wochenpollenvorhersage. ***

 

Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Gräser, des Beifußes und der Ambrosia für Deutschland finden Sie hier.

Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Gräser, des Beifußes und der Ambrosia in der Luft in Europa finden Sie hier.

 

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